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Thema: England und Großbritannien
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17.07.2001; Robert Morten

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Titel:Vereinigte Staaten von Amerika
Untertitel:Bürgerkrieg und Reconstruction
kat:Hintergrund
subkat:Geschichte
subsubkat: 
aufmacher: 
text:Der Weg in den Bürgerkrieg

Nach dem Kansas-Nebraska-Gesetz von 1854 lag es in der Verantwortung der neu eingerichteten Territorien Kansas und Nebraska, über die Sklaverei zu befinden, wodurch der Missouri-Kompromiss von 1820, der diese Gebiete für sklavenfrei erklärt hatte, aufgehoben wurde. Der daraufhin mit aller Heftigkeit losbrechende Streit eskalierte zusehends und führte innerhalb weniger Jahre zur Sezession und in den Bürgerkrieg. Im Konflikt zwischen Norden und Süden drängten die Grundwidersprüche des »amerikanischen Experiments« zu einer gewaltsamen Lösung: der Gegensatz zwischen dem Gleichheitsgebot in der Unabhängigkeitserklärung und der Versklavung von vier Millionen schwarzen Amerikanern, und die Frage, ob die Union permanent und unauflöslich sei, oder ob es sich um eine Konföderation souveräner Staaten handele.
Ein Symptom der wachsenden Unruhe war die Veränderung der Parteienlandschaft, die sich in den 1850er-Jahren vollzog. Der Aufstieg der neu gegründeten Republican Party korrespondierte mit dem Niedergang der Whigs, die an der Sklavereifrage zerbrachen. Unter dem Banner des Republikanismus sammelten sich im Norden ab 1854 ehemalige Whigs, Demokraten und Mitglieder der Freesoil Party, die eine Ausdehnung der Sklaverei in die westlichen Territorien verhindern wollten. Abraham Lincoln, bis 1856 ein loyaler Whig, baute die Parteiorganisation in Illinois auf. Bei den Präsidentschaftswahlen von 1856 hätte sich der Republikaner JohnC. Frémont beinahe gegen den Demokraten James Buchanan durchgesetzt, obwohl er fast nur im Norden Unterstützung erhielt. Ab 1857 profitierten die Republikaner von der schweren Wirtschaftskrise, die den regierenden Demokraten zur Last gelegt wurde, und vom Niedergang der Know-Nothing-Bewegung, die mit ihrem »Kreuzzug« gegen die Masseneinwanderung katholischer Iren und Deutscher vorübergehend spektakuläre Erfolge erzielt hatte. Bis 1858 war die Whig Party praktisch verschwunden, und die Republikaner beherrschten den Norden, während die Demokraten den Süden dominierten. Dadurch verschärften sich die Spannungen innerhalb der Union ganz erheblich.
1857 goss der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) mit seiner Entscheidung im Fall Scott gegen Sanford noch Öl ins Feuer. Das Gericht nahm die Frage, ob der Sklave Dred Scott durch den zeitweiligen Aufenthalt in »sklavenfreien« Territorien seine Freiheit erlangt hatte, zum Anlass, ein Grundsatzurteil zu fällen. Die Klage Scotts gegen seinen Besitzer wurde mit der Begründung verworfen, Schwarze seien keine amerikanischen Staatsbürger und hätten als »beings of an inferior order« (Angehörige einer minderwertigen Gruppe) keinerlei Rechte, die ein weißer Mann respektieren müsse. Damit übernahm das Gericht den Rechtsstandpunkt der radikalen Südstaatler. Die Sklavereigegner im Norden zeigten sich nach diesem Urteil jedoch weniger denn je bereit, den Status quo zu respektieren, und das Ansehen des Supreme Court als »Wächter der Verfassung« nahm schweren Schaden.

Lincolns politischer Aufstieg und seine Wahl zum Präsidenten

Bei den Zwischenwahlen von 1858 kam es in Illinois zu denkwürdigen Rededuellen zwischen dem demokratischen Senator Stephen A. Douglas und seinem Gegenkandidaten Abraham Lincoln, dem Sohn einfacher Farmer aus Kentucky, der es als Autodidakt zum erfolgreichen Anwalt in Springfield, Illinois, gebracht hatte. Diese Lincoln-Douglas debates kreisten ganz um die Sklavereiproblematik. Douglas behauptete, die Siedler in den Territorien könnten selbst über die Einführung oder Abschaffung der Sklaverei entscheiden. Demgegenüber wertete Lincoln das Urteil im Fall Scott als weiteres Indiz für eine Verschwörung, die beabsichtige, die Sklaverei in ganz Amerika zu verbreiten. Er wies Douglas' Vorwurf zurück, die Republikaner wollten die politische und soziale Gleichheit von Schwarzen und Weißen herstellen; zugleich verurteilte er die Sklaverei jedoch als unvereinbar mit den republikanischen Prinzipien und als moralisches Übel. Obwohl das Wahlergebnis nicht ausreichte, um Douglas als Senator abzulösen, hatte Lincoln doch durch die Debatten an Profil gewonnen und sich eine günstige Ausgangsposition für den Kampf um das Präsidentenamt verschafft.
Die politische Auseinandersetzung wurde im Oktober 1859 durch eine Aktion des fanatischen Abolitionisten John Brown überschattet. Mit der Besetzung des bundesstaatlichen Waffenarsenals in Harpers Ferry, Virginia, wollte er das Signal zu einem allgemeinen Sklavenaufstand geben. Der Handstreich misslang jedoch und endete mit der Hinrichtung Browns. Die abolitionistische Presse verklärte ihn umgehend zum Märtyrer, was im Süden wiederum die Ängste vor einem Wahlsieg der Republikaner schürte, denen man die Absicht unterstellte, die Sklaverei abschaffen zu wollen.
Auf dem Nominierungskonvent der Republikaner in Chicago setzte sich Lincoln durch, dessen maßvolle Haltung in der Sklavereifrage am ehesten mehrheitsfähig erschien. Seine Chancen stiegen, da die Demokraten zwei Kandidaten, Stephen A. Douglas und JohnC. Breckinridge, ins Rennen schickten. Lincoln ging im Süden leer aus, gewann aber alle Nordstaaten außer New Jersey, dazu im Westen Kalifornien und Oregon. Zwar erhielt er nur 40 Prozent der Wählerstimmen, doch das Wahlsystem bescherte ihm eine absolute Mehrheit im Wahlmännergremium. Unmittelbar nach der Wahl begann, ausgehend von South Carolina, der Prozess der Sezession, in dessen Verlauf bis Februar 1861 sieben Staaten ihre Unabhängigkeit erklärten und die »Konföderierten Staaten von Amerika« gründeten.
Lincolns Verfassungsverständnis ließ einen einseitigen Austritt aus der Union nicht zu; für ihn handelte es sich um eine Rebel- lion, die er als Präsident und Oberbefehlshaber beenden musste. Er gab sich jedoch große Mühe, den völligen Bruch zu vermeiden und zumindest die Sklaven haltenden Grenzstaaten (border states) auf seine Seite zu ziehen. In seiner Antrittsrede vom März 1861 sicherte er zu, dass er die Sklaverei in den Territorien, in denen sie existiere, nicht antasten werde; eine Öffnung der bislang freien Territorien für die Sklaverei komme aber nicht in Frage. Ebenso bestand er darauf, weiterhin über das Eigentum der Union in den abgefallenen Staaten verfügen zu können. Als Lincoln im April entschied, die Besatzung des Bundesforts Sumter bei Charleston auf dem Seeweg zu versorgen, zwangen die Truppen von South Carolina den Kommandanten durch Artilleriebeschuss zur Kapitulation. Damit war die Grenzlinie zwischen Frieden und Krieg überschritten: Am nächsten Tag forderte Lincoln die Staaten auf, 75000 Milizionäre zu rekrutieren, um »die Rebellion niederzuschlagen«, und am 19. April verhängte er eine Seeblockade über die Häfen des Südens. Daraufhin schlossen sich vier weitere Staaten, unter ihnen Virginia mit dem auch von Lincoln umworbenen General Robert E. Lee, der Konföderation an. Durch energisches Handeln gelang es Lincoln, die westlichen Kreise Virginias sowie die übrigen vier border states Missouri, Kentucky, Maryland und Delaware in der Union zu halten. In Missouri fand er wertvolle Unterstützung bei den Deutsch-Amerikanern unter Führung der ehemaligen »Achtundvierziger« Carl Schurz und Franz Sigel, die im Krieg zu Generälen der Unionsarmee aufstiegen. In der akuten Krisensituation von 1861/62 stellte Lincoln den Erhalt der Union eindeutig über die Lösung der Sklavereifrage. So betonte er mehrfach, dass der Krieg allein zur Wiederherstellung der Union geführt werde; noch Mitte 1862 befürwortete er eine graduelle Sklavenemanzipation mit Entschädigung der Eigentümer und riet schwarzen Abolitionisten, eine Rückführung der Schwarzen nach Afrika ins Auge zu fassen.

Der Verlauf des Bürgerkriegs

Zu Beginn des Kriegs rechneten beide Seiten mit einem raschen Sieg: Die Nordstaatler planten die Eroberung der gegnerischen Hauptstadt Richmond, ein Vorhaben, das aber im Juli 1861 in der Schlacht am Bull Run River gründlich misslang; die Südstaatler setzten auf die Uneinigkeit und mangelnde Opferbereitschaft der Bevölkerung im Norden, und sie erhofften sich außerdem Unterstützung von Großbritannien, da sie annahmen, dass die englische Textilindustrie nicht auf die amerikanische Baumwolle verzichten konnte. Auch diese Rechnung ging nicht auf, und der Zusammenprall von Nord und Süd artete in ein langjähriges Ringen aus, das über 600000 Amerikanern das Leben kostete.
Gemessen an Bevölkerungszahl und Industrieproduktion waren die 23 Staaten der Union den mittlerweile elf der Konföderation eindeutig überlegen. Auf den Schlachtfeldern ließen sich diese Vorteile jedoch lange Zeit nicht in durchschlagende Erfolge ummünzen. Die Konföderation konnte aus der Defensive heraus operieren und hatte talentiertere Generäle, zum Beispiel Robert E. Lee und Thomas J. »Stonewall« Jackson. Im Osten, wo sich die Massenheere zwischen Washington und Richmond schwere Schlachten lieferten, nahm die Auseinandersetzung den Charakter eines Abnutzungskriegs an. Die Opfer waren enorm hoch, weil sich die Militärtaktik nur langsam auf die gestiegene Feuerkraft und Genauigkeit der modernen Waffen einstellte. So fielen im September 1862 bei Antietam in Maryland an einem einzigen Tag 6000 Soldaten, mehr als im Unabhängigkeitskrieg und im Krieg gegen Großbritannien 1812/14 zusammen. Derartige Verluste zwangen beide Seiten zur Einführung der Wehrpflicht, gegen die es im Norden erhebliche Widerstände bis hin zu lokalen Aufständen gab. Beim folgenschwersten solcher draft riots in New York im Juli 1863 musste Militär gegen eine Menschenmenge eingesetzt werden, die die Afroamerikaner der Schuld am Krieg bezichtigte und lynchte. Danach fand sich Lincoln verstärkt bereit, auch Afroamerikaner rekrutieren zu lassen, die nun in eigenen Regimentern unter weißen Offizieren dienten.
Im Unterschied zum militärischen Patt im Osten konnte die Union im Westen durch eine kombinierte Fluss- und Landoffensive strategische Vorteile erzielen. Eine Flotteneinheit eroberte 1862 New Orleans, und die Truppen General Ulysses S. Grants drängten die Konföderierten in Kentucky und Tennessee zurück. Mit der Eroberung von Vicksburg erlangte Grant im Juli 1863 die Kontrolle über das Mississippital und spaltete damit die Konföderation in zwei Teile. Die zunächst recht durchlässige Seeblockade wurde im Laufe des Kriegs zunehmend wirksamer. Ihre Aufrechterhaltung trug dazu bei, Großbritannien und andere europäische Staaten von einer diplomatischen Anerkennung der Konföderation abzuhalten. Es stellte sich bald heraus, dass die Südstaatler die Abhängigkeit der britischen Wirtschaft von amerikanischer Baumwolle weit überschätzt hatten. Außerdem war die britische Öffentlichkeit entschieden sklavereifeindlich eingestellt und begrüßte Lincolns Emanzipationserklärung. Ein diplomatischer Durchbruch wäre wohl nur möglich gewesen, wenn die Konföderation überragende Siege auf dem Schlachtfeld errungen hätte. Die Aussichten hierfür schwanden aber seit 1863 immer mehr dahin.
Der zähe Widerstand der Südstaatler hatte bei Lincoln die Einsicht reifen lassen, dass der Krieg nur unter dem Banner der Sklavenbefreiung gewonnen werden könne. Seine »provisorische Emanzipationserklärung« vom September 1862 sah vor, dass bis zum 1. Januar 1863 alle Sklaven frei sein sollten, die sich in den von den »Rebellen« kontrollierten Gebieten aufhielten. Das schloss vorerst noch diejenigen Sklaven aus, die in den Unionsstaaten und den eroberten Gebieten lebten. Gegner Lincolns prangerten dies als inkonsequent an, doch nach Auffassung des Präsidenten konnte die Sklaverei in der Union nur durch eine Verfassungsänderung aufgehoben werden. Ihm war bewusst, dass die Proklamation eine Dynamik entwickeln würde, die zur vollständigen Beseitigung des Sklavereisystems führen musste. Tatsächlich verwandelte die Emanzipationserklärung den Kampf der Kriegsparteien in eine Konfrontation zweier Gesellschaftsordnungen, was zusätzliche Leidenschaften freisetzte und nur mit dem völligen Zusammenbruch einer Seite enden konnte.

Gettysburg - Wende zugunsten der Union

Im Sommer 1863 versuchte die Führung der Konföderation, durch eine groß angelegte Offensive den Kampfeswillen der Union entscheidend zu schwächen. General Lee umging mit seiner Armee von 75000 Mann die Hauptstadt Washington und stieß weit nach Norden vor. Bei Gettysburg in Pennsylvania kam es vom 1. bis 3. Juli 1863 zur größten Schlacht des Bürgerkriegs, die den Süden 28000, den Norden 23000 Tote und Verwundete kostete. Lees Armee war besiegt, aber zur Enttäuschung Lincolns ließ der Befehlshaber der Union, GeorgeG. Meade, den General der Südstaaten mit den Resten seiner Truppen entkommen. Nach diesem Aderlass war die Konföderation jedoch materiell und moralisch angeschlagen, und Lee beschränkte sich nur noch auf den Schutz von Richmond. Lincoln hielt im November 1863 anlässlich der Einweihung des Soldatenfriedhofs von Gettysburg eine kurze, aber weit über den Anlass hinauswirkende Rede. In dieser Gettysburg Address schlug er den Bogen zur Unabhängigkeitserklärung von 1776 und verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass die amerikanische Nation durch die im Krieg gebrachten Opfer »eine Wiedergeburt der Freiheit« erleben werde, damit die Demokratie im Interesse der ganzen Welt überleben könne.
Ab Frühjahr 1864 setzte Grant, der inzwischen den Oberbefehl über die Unionstruppen übernommen hatte, die Konföderationstruppen im Raum Richmond durch kontinuierliche Angriffe und ohne Rücksicht auf eigene Verluste unter Druck. Von Westen stieß General William T. Sherman nach Georgia vor und eroberte Anfang September 1864 Atlanta. Dieser Sieg half Lincoln, die Kritik der oppositionellen »Friedensdemokraten« im Norden abzuwehren und seine Wiederwahl im November 1864 zu sichern. Der Tenor seiner zweiten Antrittsrede im März 1865 war versöhnlich, aber er ließ keinen Zweifel daran, dass die »Sünde der Sklaverei« restlos getilgt werden müsse. Um diese Zeit hatte der Kongress bereits einen Verfassungszusatz, das 13. Amendment, auf den Weg gebracht, der die Sklaverei im Geltungsbereich der Verfassung verbot.
Shermans »Marsch ans Meer«, bei dem die Unionstruppen von Atlanta bis zum Atlantik eine breite Spur der Verwüstung zurückließen, brach endgültig den Kampfeswillen der Südstaatler. Anfang April 1865 musste Lee Richmond räumen, und am 9. April kapitulierte er in Appomattox Court House. Einen letzten dramatischen Höhepunkt erreichte das Geschehen am 14. April 1865, als Präsident Lincoln im Washingtoner Ford's Theater durch Pistolenschüsse tödlich verletzt wurde. Der Attentäter, der Schauspieler John Wilkes Booth, führte eine südstaatliche Verschwörergruppe an, die auch Außenminister WilliamH. Seward und Vizepräsident Andrew Johnson hatte »beseitigen« wollen. Im Norden löste die Ermordung Lincolns nicht nur Schock und Trauer aus, sondern gab auch jenen Stimmen Auftrieb, die eine strenge Bestrafung der Rebellen forderten. Sie glaubten, in Lincolns Nachfolger Andrew Johnson, einem ehemaligen demokratischen Senator von Tennessee, einen Verbündeten zu haben. Unterdessen wurde der tote Präsident im öffentlichen Bewusstsein des Nordens als Märtyrer und Sinnbild der unteilbaren Nation verherrlicht. Der Süden schuf dagegen die Legende von der lost cause, wonach Lee und seine Männer im Kampf für eine gerechte Sache der gewaltigen Übermacht des Nordens ehrenhaft unterlagen.

Die Wiedereingliederung des Südens

Über den besten Weg zur Wiederherstellung der Union hatte es bereits zwischen Lincoln und dem Kongress Meinungsverschiedenheiten gegeben. Lincoln neigte einer moderaten »Restauration« zu, die sich auf das Verbot der Sklaverei und die politische Ausschaltung der führenden Sezessionisten beschränkte. Die Reorganisation sollte beginnen, sobald 10 Prozent der Wähler von 1860 einen Loyalitätseid auf die Union geleistet hatten. Im Kongress wuchs jedoch der Einfluss der radikalen Republikaner, die auf eine rechtliche Gleichstellung der Schwarzen drängten. Um einen Ausgleich bemüht, hatte Lincoln vor seinem Tode das Wahlrecht für schwarze Soldaten und gebildete Afroamerikaner in Aussicht gestellt.
Doch milderte Andrew Johnson (Bild oben) Lincolns ursprünglichen Kurs sogar noch ab. Er verlangte lediglich, dass die abtrünnigen Staaten ihren Sezessionsbeschluss rückgängig machten und das 13. Amendment ratifizierten. Eine großzügige Amnestieregelung erlaubte vielen ehemaligen Konföderierten die weitere politische Betätigung. Johnson nutzte offensichtlich sein Begnadigungsrecht aus, um sich eine politische Basis im Süden zu schaffen. Bis Ende 1865 hatten sämtliche Südstaaten die gestellten Bedingungen erfüllt und reklamierten die gleichberechtigte Teilnahme am politischen Leben der Union. Berichte aus dem Süden zeigten jedoch, dass die Weißen alle Selbstbestimmungsregungen ehemaliger Sklaven brutal unterdrückten. Sie behinderten auch massiv die Arbeit des Freedmen's Bureau, der Behörde, die der schwarzen Bevölkerung im Auftrag des Kongresses praktische Hilfe und Rechtsschutz gewährte.
Als der Kongress im Dezember 1865 wieder zusammentrat, verweigerten die Republikaner die Anerkennung der Wahlergebnisse im Süden und richteten ein Komitee ein, das mit dem Präsidenten ein neues Programm ausarbeiten sollte. Eine Kooperation scheiterte indes am Verhalten Johnsons, der selbst moderate Maßnahmen wie eine Verlängerung der Existenz des Freedmen's Bureau mit seinem Veto belegte. Daraufhin brachten die gemäßigten und radikalen Republikaner im April 1866 gemeinsam das 14. Amendment ein, das in der Frage der Bürgerrechte über die bisherige Position hinausging. Es erklärte alle in den USA geborenen oder eingebürgerten, aber noch nicht mit Staatsbürgerrechten ausgestatteten Personen zu Staatsbürgern; kein Staat durfte einem Bürger ohne ordentliches Gerichtsverfahren Leben, Freiheit oder Besitz nehmen; ebenso wenig durfte er ihm Rechtsgleichheit und Rechtsschutz verwehren. Schränkte ein Staat das Wahlrecht seiner Bürger ein, sollte seine Repräsentation im Kongress entsprechend verringert werden. Ehemalige Führungspersönlichkeiten mussten vom Kongress mit Zweidrittelmehrheit amnestiert werden, bevor sie ein politisches Amt ausübten. Als die Republikaner bei den Zwischenwahlen von 1866 ihre Mehrheit im Kongress noch ausbauten, waren die Weichen für eine harte Rekonstruktionspolitik und für einen Verfassungskonflikt zwischen Exekutive und Legislative gestellt.

Radikalisierung der »Reconstruction«

Im Frühjahr 1867 verabschiedete der Kongress über Johnsons Veto hinweg ein Gesetz, den Reconstruction Act, das den Süden in fünf Militärdistrikte einteilte. Um wieder in die Union aufgenommen zu werden, mussten die Staaten das Wahlrecht für schwarze Männer verfassungsmäßig garantieren und das 14. Amendment annehmen. Im Süden entstanden nun reconstruction governments, das waren Regierungen, in denen unionstreue weiße Südstaatler, Republikaner aus dem Norden und Afroamerikaner zusammenarbeiteten. Das eigentlich Revolutionäre war die politische Beteiligung von Schwarzen, die insgesamt mehr als 600 Parlamentsabgeordnete stellten und in einigen Staaten auch Regierungsämter bekleideten. Solche höheren Posten fielen allerdings gewöhnlich an gebildete Schwarze, die schon vor dem Bürgerkrieg ihre Freiheit erlangt hatten.
Diese Regierungen bemühten sich um soziale Reformen, eine Verbesserung der Infrastruktur und die Schaffung von Arbeitsplätzen für ehemalige Sklaven. Viele Projekte waren allerdings zu ehrgeizig, um in den verarmten Südstaaten echte Realisierungschancen zu haben. Erfolge stellten sich vor allem im Bildungswesen ein: Alle Staaten bauten nun öffentliche Schulen, in denen Unterricht kostenlos erteilt wurde. Eigenständige schwarze Kirchengemeinden deren Aufbau das Verlangen der Schwarzen, ihr Schicksal selbst zu gestalten, widerspiegelt erfüllten nun zusätzliche Aufgaben als Sozialstationen und politische Versammlungsstätten.
Um dieses Programm abzusichern, untersagte der Kongress Präsident Johnson per Gesetz, hohe Beamte, Offiziere und Richter ohne Zustimmung des Parlaments zu entlassen (Tenure of Office Act). Dennoch enthob Johnson Kriegsminister EdwinM. Stanton, der mit den Republikanern sympathisierte, Anfang 1868 seines Amts. Daraufhin beschloss das Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit die Amtsanklage (impeachment) gegen den Präsidenten. Da die Republikaner im Senat, der das Urteil fällen musste, über die nötige Zweidrittelmehrheit verfügten, schien Johnsons Amtsenthebung sicher. Der politische Hintergrund der Anklage und die Sorge, die Autorität der Exekutive könnte irreparabel beschädigt werden, veranlassten aber mehrere Republikaner, mit der demokratischen Minderheit gegen die Amtsenthebung zu stimmen. Johnson war dennoch schwer angeschlagen und wurde für die Präsidentschaftswahlen im November nicht mehr nominiert. Die Republikaner nutzten den Wahlsieg ihres Kriegshelden UlyssesS. Grant zur Verabschiedung eines weiteren Verfassungszusatzes, der den Staaten ausdrücklich verbot, das Wahlrecht »aufgrund von Rasse, Hautfarbe oder früherer Knechtschaft« zu versagen. Mit der Ratifizierung dieses 15. Amendments 1870 schien das allgemeine Männerwahlrecht endgültig gesichert.
Bis 1871 war die Union wiederhergestellt, aber die Verfassungswirklichkeit im Süden entsprach keineswegs den Erwartungen der Reformer. Weiße Rassisten gingen ungeachtet der militärischen Besetzung in die Offensive, um ihr Land von der »Herrschaft der Schwarzen« zu »erlösen«. Nach und nach gelang es ihnen, die Kontrolle über die Staatenparlamente zurückzuerobern. Sie mischten berechtigte Kritik an den Regierungen mit pauschaler Verächtlichmachung der weißen Republikaner im Süden als scalawags (wertloses Vieh). Außerdem beschimpften sie die aus dem Norden zugewanderten Politiker und Geschäftsleute als profitgierige carpetbaggers (Karrieristen). Eine Terrorkampagne, die von dem 1865/66 in Tennessee gegründeten Geheimbund Ku Klux Klan gesteuert wurde, sollte die schwarze Bevölkerung wieder gefügig machen. Der Klan wurde zwar vom Kongress verboten, aber der Schrecken, den seine Anhänger verbreiteten, ließ sich nie hinreichend eindämmen.

Das Ende der »Reconstruction«

Die reconstruction scheiterte letztlich vor allem daran, dass die wirtschaftliche Abhängigkeit der Schwarzen von der Pflanzerelite nicht überwunden werden konnte. Eine umfassende Bodenreform, die aus ehemaligen Sklaven selbstständige Kleinfarmer gemacht hätte, wurde niemals ernsthaft erwogen. Ein solcher Eingriff in die Besitz- und Machtverhältnisse im Süden wäre nur gegen den erbitterten Widerstand der Weißen durchführbar gewesen. Die Mehrheit der Bevölkerung im Norden lehnte aber eine unbegrenzte militärische Besetzung des Südens ab und verlor allmählich das Interesse am Schicksal der ehemaligen Sklaven. Die meisten Schwarzen blieben deshalb als Lohnarbeiter oder Kleinpächter (sharecroppers) auf den Plantagen ihrer alten Herren und hatten kaum Gelegenheit, von den im Sezessionskrieg erkämpften politischen Rechten Gebrauch zu machen.
Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen von 1876 wurden die Forderungen nach Beendigung der reconstruction immer lauter. Um die Wahl ihres Kandidaten RutherfordB. Hayes zu sichern, versprachen die Republikaner den vollständigen Abzug der Unionstruppen. Mit dem Verlust der militärischen Unterstützung endeten die letzten Regierungen der reconstruction, die sich in Louisiana, South Carolina und Florida gehalten hatten. Im Norden, dessen Aufmerksamkeit ganz von einer Wirtschaftskrise absorbiert war, nahm man ihren Sturz nur noch am Rande wahr. Fortan galten die Bürgerrechte der Schwarzen und die Rassenbeziehungen als lokale Angelegenheiten, aus denen sich die Bundesregierung im Interesse der Einheit der Nation heraushalten musste. Die Republikanische Partei, die man für Sklavenbefreiung und reconstruction verantwortlich machte, blieb im »soliden Süden« (solid South) der weißen Demokraten auf Jahrzehnte hinaus chancenlos. Der Bürgerkrieg hatte die Abtrennung des Südens verhindert, seine Sonderentwicklung aber keineswegs beendet, sondern das Bewusstsein einer eigenständigen Kultur (southern culture) eher noch gestärkt.
Autor:Robert Morten
Datum:Samstag, 11.August.2001, 18:36
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