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Thema: England und Großbritannien
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17.07.2001; Robert Morten

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Titel:Hundertjähriger Krieg und burgundische Großmacht (1337-1453)
Untertitel:Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte
kat:Hintergrund
subkat:Geschichte
subsubkat:Hundertjähriger Krieg
aufmacher:Im Vertrag von Paris hatte die englische Krone 1259 auf den größten Teil ihres Festlandbesitzes verzichtet und leistete für das Herzogtum Guyenne (Aquitanien) den Lehnseid. Dies bewirkte gemeinsam mit dem Verzicht König Jakobs I. von Aragonien auf die Lehenshoheit im Languedoc.
text:Frankreich zog im Gegenzug Ansprüche auf Kastilien zurück eine territoriale Stabilisierung des französischen Königreiches. Ziel Philipps IV. blieb der Ausbau der Königsmacht. Allerdings war die Verwirklichung seiner Ansprüche besonders in den großen Lehnsherrschaften und -fürstentümern vorerst nicht zu erreichen; besonders die Guyenne und Flandern strebten nach mehr Eigenständigkeit. Bei Kortrijk scheiterte 1302 der Versuch, die aufständischen flandrischen Städte militärisch zu besiegen. Deren Ziele blieben stark von handelspolitischen Motiven bestimmt: Die freie Einfuhr englischer Wolle war existenznotwendig und so sollte auch in der Folgezeit die ökonomische Ausrichtung auf die Britische Insel das Verhältnis zu Frankreich bestimmen. Dagegen gelang es der Krone gegenüber den hegemonialen Ansprüchen des Papsttums, die eigenen Vorstellungen in hohem Maße durchzusetzen und dem König Eingriffsmöglichkeiten in die französische Kirche zu eröffnen bzw. zu sichern. Unterstützt wurden die Könige außer von den adligen Ratgebern zunehmend durch studierte Juristen.
Einen entscheidenden Faktor bei der Staatswerdung bildete das Hofgericht, das Parlament (parlement), dessen Urteile als oberste Instanz in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts im gesamten Territorium Gültigkeit besaßen. Auch auf regionaler Ebene konnten königliche Funktionsträger in wachsendem Maße außerhalb der Krondomäne eingesetzt werden, wo sie mit den Amtsträgern des Adels konkurrierten und zunehmend auf deren Kosten Kompetenzen gewannen. Die Herrscher beriefen die Stände (états) zunächst nur zur zusätzlichen Legitimation ihres Handelns in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung oder zur Erlangung von Finanzmitteln ein, ohne gerade im letzteren Fall immer erfolgreich zu sein. Als wichtiger Machtfaktor konnten sich die Stände aber erst in den Krisen des Hundertjährigen Krieges, allerdings nur zeitweise, etablieren.

Neben den Einkünften aus der Krondomäne, Zöllen sowie dem königlichen Kanzlei- und Gerichtswesen gewannen zunehmend Steuern an Bedeutung für die Staatsfinanzen. In erster Linie zur Kriegsfinanzierung bestimmt, wurde die Kopfsteuer direkt durch königliche Amtsträger eingezogen. Von der fiskalischen Abschöpfung ausgenommen waren die Einkünfte der Lehnsfürstentümer und die Apanagen, d. h. die Ausstattung der nachgeborenen Königssöhne und deren Familien. Individuell befreit waren der Adel und aktiv Kämpfende. Durch die Steuererhebung war eine direkte Ausübung der Herrschaft über die »Untertanen« möglich. Zusammen mit weiteren gleichgerichteten Maßnahmen wird die Entwicklung zum stärker zentralisierten und bürokratisierten »Staat« augenfällig. Die ordentlichen Einnahmen flossen zentral in die chambre des comptes in Paris, die außerordentlichen Einkünfte, zu denen auch Verbrauchsteuern traten, verwalteten die mit Standesvertretern beschickte généraux des finances und die chambre des aides. Dagegen schwächte die Vergabe von Apanagen zunächst die Zentralgewalt. Im Militärsektor gewannen die Soldtruppen, die durchaus aus Adligen bestehen konnten, auf Kosten des Lehnsaufgebots an Bedeutung.

Nach dem Tod Ludwigs X. 1316, dem Sohn Philipps IV., konnte sich Ludwigs Bruder Philipp V. auf Kosten Johannas, der Tochter Ludwigs, durchsetzen. Trotz der im Königreich sonst üblichen weiblichen Erbfolge, von der auch die Kapetinger bereits profitiert hatten, erklärte eine von Phi- lipp V. einberufene Versammlung, dass Frauen von der Folge auf dem Königsthron ausgeschlossen seien. Als Philipp 1322 ohne männlichen Erben starb, ging die Krone an seinen Bruder Karl IV. Auch bei dessen Tod 1328 ergab sich eine ähnliche Konstellation, selbst wenn zunächst eine Regentschaft eingesetzt werden musste, da seine Witwe schwanger war, sodass man noch auf einen nachgeborenen Sohn hoffen konnte. Als Regent trat Philipp von Valois, ein Neffe Philipps IV., in den Vordergrund, der einerseits persönlich über eine starke Machtstellung verfügte und andererseits von Karl IV. für dieses Amt vorgesehen worden war. Nachdem die Witwe Karls eine Tochter geboren hatte, konnte Philipp von Valois als Philipp VI. mit breiter Unterstützung des Adels den Thron besteigen. Dies markiert den ersten Wechsel der Herrscherdynastie, seit die Kapetinger 987 die Karolinger abgelöst hatten. Bereits zu dieser Zeit zeichneten sich die Auseinandersetzungen mit England ab, da auch Eduard III., der im Vorjahr den englischen Thron bestiegen hatte, als Enkel Philipps IV. Ansprüche auf die französische Krone erhob. Letztlich schloss man nun auch die Nachkommen in weiblicher Linie, dazu zählte Eduard III., von der Nachfolge aus, zumal auf diesem Weg auch Ansprüche weiterer Bewerber zurückgewiesen werden konnten. Mit der Huldigung Eduards III. für die Guyenne schien dieser Philipp VI. anzuerkennen.

Erste militärische Auseinandersetzungen

Philipp VI. war in einer krisenhaften demographischen und ökonomischen Situation zum König gewählt worden, die sich noch verschärfen sollte. Militärisch gelang es einem Heer des Königs, den Aufstand in Flandern die Städte wandten sich an den englischen König um Unterstützung und hätten dessen Oberhoheit akzeptiert 1328 niederzuschlagen und die französische Oberherrschaft mit der Rückkehr des profranzösischen Grafen Ludwig von Nevers als Landesherrn wieder zu etablieren. Nachdem Eduard III. 1336 wegen der frankreichfreundlichen Haltung des Grafen eine Handelsblockade gegen Flandern verhängt hatte, verschärfte sich die dortige Situation, und unter Führung des Genter Tuchhändlers Jakob van Artevelde schlossen sich die Städte zusammen; Ludwig von Nevers floh nach Paris. 1339 landete schließlich eine englische Armee in Brabant, nachdem die französische Krone mit der Konfiskation der finanziell ertragreichen Guyenne 1337 die Lage deutlich verschärft hatte. Bei Sluis gelang es den Engländern 1340, den größeren Teil der französischen Flotte im Hafen zu zerstören, während Eduard III. nun seine Ansprüche auf die französische Krone verstärkt erhob und sich als König von England und Frankreich bezeichnete. Angesichts der unentschiedenen Situation die Versorgung der Heere blieb ein Problem schloss man zunächst einen auf zwei Jahre befristeten Waffenstillstand.

In dem 1342 einsetzenden bretonischen Erbfolgekrieg ergriffen beide Seiten Partei: Philipp VI. für Karl von Blois, Eduard III. dagegen für Johann von Montford. Trotz anfänglicher Misserfolge setzte sich nach jahrelangen Auseinandersetzungen der Sohn Johanns von Montford in der Bretagne durch und fand 1365 die Anerkennung der Krone. In Flandern war die englische Position durch den Tod Jakobs van Artevelde 1345 gefährdet. Ludwig von Male, seit 1346 als Graf von Flandern Nachfolger Ludwigs von Nevers, konnte seinem Territorium während des beginnenden Krieges eine weitgehend neutrale Stellung sichern. Im Juli des gleichen Jahres landete ein englisches Heer in der Normandie und konnte rasch vordringen. Der zunächst befürchtete Angriff auf Paris fand nicht statt, die Engländer zogen nach Osten. Bei Crécy wurde mithilfe der entscheidenden englischen Bogenschützen ein französisches Heer geschlagen. Mit der Eroberung von Calais 1347 gewannen die Engländer eine Hafenstadt, die bis 1559 einen strategisch wichtigen Brückenkopf bildete. Die militärischen Niederlagen machten Philipps Herrschaft für weite Kreise fragwürdig; immerhin waren für die Aufstellung der Heere hohe Steuerzahlungen gefordert worden. Der Krieg zwang vor allem in den 1340er-Jahren viele Städte dazu, ihre vernachlässigten Befestigungsanlagen unter hohen Kosten wieder instand zu setzen, um gegen Plünderungen geschützt zu sein.

Nach dem Tod Philipps VI. 1350 folgte sein Sohn Johann II. auf dem Thron, während dessen Regierungszeit sich die Lage für Frankreich weiter verschlechterte: Zunächst verfeindete sich Johann durch eine ungeschickte Personal- und Territorialpolitik mit seinem Schwiegersohn Karl II. von Navarra. Zwischen Karls Familie und den Valois bestanden wegen deren Thronfolge 1328 ohnehin beträchtliche Spannungen. Karl II. von Navarra versicherte sich der Unterstützung des englischen Königs, der den Feldzug von Süden her führte. Ein Teil der Stände schloss sich der Opposition an; überall wurden grundlegende Reformen der Herrschaftspraxis gefordert. Das taktisch ungeschickte und disziplinlose französische Heer unterlag den zahlenmäßig deutlich schwächeren Engländern 1356 bei Maupertuis (bei Poitiers); Johann II. geriet in Gefangenschaft. Die erneute Niederlage stellte auch die Sonderstellung des Adels infrage, der seine militärischen Schutzverpflichtungen nicht erfüllt hatte, während die Bürger die finanziellen Lasten zu tragen hatten.

Innere Krisen und vorübergehende Stabilisierung

Schwere innere Kämpfe prägten die nächsten Jahre. Die Stände strebten die Kontrolle der königlichen Regierung an, die Johanns Sohn Karl (V.), Herzog der Normandie, für den in England festgehaltenen Vater übernommen hatte. Als es in Paris unter dem Vorsteher der Kaufmannschaft der Stadt, Étienne Marcel, zu einem Aufstand kam, musste Karl (V.) die Stadt verlassen, allerdings blieb die Metropole isoliert. Unklar sind die Zusammenhänge zwischen den Vorgängen in Paris und dem Ausbruch der Jacquerie, einem Bauernaufstand im Jahre 1358. Die teilweise von den Städten unterstützten Bauern wurden am Ende aber von dem um seine Vorrechte kämpfenden Adel um Karl von Navarra geschlagen. Dieser zog mit englischen Truppen in Paris ein. Étienne Marcel wollte die übrigen Kommunen zur Unterstützung seiner Bewegung und zur Anerkennung des mit ihm verbündeten Karl von Navarra bewegen, wurde aber von der innerstädtischen Opposition ermordet. Das Bündnis Karls mit den Pariser Aufständischen brachte ihn in Opposition zum Adel, der sich wieder dem Regenten zuwandte, während Karls Zusammengehen mit England bei den Bürgern Misstrauen erweckt hatte.
Die Verhandlungen über die Freilassung Johanns blieben zunächst erfolglos. Eduard wollte gegen erhebliche Landgewinne auf dem Festland auf seine Kronansprüche verzichten, was die französischen Stände ablehnten. Nach dem letztlich erfolglosen, aber verheerenden Vorrücken englischer Truppen auf Reims kam es 1360 zum Friedensschluss von Brétigny, der England für die Freigabe Johanns nicht nur ein hohes Lösegeld einbrachte, sondern auch erhebliche Gebietsgewinne im Südwesten. Eduard verzichtete auf seinen Anspruch auf den französischen Thron, während Frankreich von seinen Forderungen hinsichtlich der Souveränität der abgetretenen Gebiete zurücktrat. Johann II. begab sich 1360 nach Paris zurück. Da aber einer seiner ebenfalls gefangenen Söhne sein Versprechen brach und seinen Urlaub zur Flucht nutzte, kehrte Johann II. nach London zurück, wo er 1364 starb.

Die Belastungen gingen auf Karl V. über, der unter formaler Berücksichtigung der Forderungen der Stände aus den Jahren 1356/57 die Beschaffung von Finanzmitteln intensivierte. Sein Heer konnte erste Erfolge erringen. Das navarresische Aufgebot wurde 1364 geschlagen, die Lehen Karls von Navarra 1378 konfisziert und bis auf das an England verkaufte Cherbourg zurückgewonnen. In Kastilien konnte der Frankreich freundlich gesonnene Heinrich II. (Trastámara) den Thronkonflikt 1369 siegreich beenden. Ein zunehmendes Problem stellten die entlassenen Söldner dar, die nach jahrelangen Kriegen den Weg in eine »bürgerliche Existenz« nicht mehr finden konnten und, in Banden zusammengeschlossen, auf eigene Faust operierten. Als 1369 die Kampfhandlungen wieder aufgenommen wurden, änderte sich die Kriegführung. Die französischen Heerführer wollten nun mittelfristige Erfolge und verzichteten zumeist auf große Schlachten. So konnten sie allmählich Territorialgewinne verbuchen. Bis 1380 verlor England den Festlandsbesitz mit Ausnahme der wichtigen Stützpunkte Bayonne, Bordeaux, Brest, Cherbourg und Calais. Trotz der militärischen Erfolge wuchs bis zum Tod Karls V. 1380 die Unzufriedenheit weiter Bevölkerungskreise, deren Belastungen rapide zugenommen hatten. Die Steuerpolitik führte in vielen Städten 1382 zu Unruhen. In Flandern versuchten die Kommunen unter Philipp van Artevelde, Herzog Ludwig von Male zu vertreiben, der Brügge auf Kosten von Gent und Antwerpen hatte stärken wollen. Ludwig bat seinen Schwiegersohn Philipp von Burgund um Hilfe, der den Aufstand niederwarf und zwei Jahre später dessen Besitzungen als Erbe übernahm.

Der Aufstieg Burgunds

Philipp II., der Kühne, Sohn Johanns II., war 1363 zum Herzog von Burgund erhoben worden. Die Angliederung an die Krondomäne nach dem Tod des letzten kapetingischen Herzogs Philipp von Rouvres scheiterte am Widerstand der Stände und Philipp II. baute seinen Herrschaftsbereich als Vertreter des Königs im Osten des Reiches zielstrebig aus. Was zunächst wie ein erheblicher Gewinn zugunsten der französischen Krone aussah, sollte das Kräfteverhältnis durch den neu entstehenden Staat bald erheblich verändern. Bereits 1384 besaß Philipp Herzogtum und Freigrafschaft Burgund, Nevers, Artois und Flandern, wo sich der Herzog trotz englischer Angriffe in den beiden folgenden Jahren durchsetzen konnte. Mit den Heiraten seiner Kinder und Enkel versuchte Philipp das Erreichte zu stabilisieren. Die ökonomische Situation Flanderns und dessen Abhängigkeit vom Englandhandel führten zu einer auf Ausgleich mit England bedachten Politik. Für Philipp stellte sich wie für viele mittelalterliche Herrscher das Problem, die nur durch seine Person zusammengehaltenen Gebiete stärker zu integrieren, wobei zwischen diesen große ökonomische und verfassungsmäßige Unterschiede bestanden. Im Süden waren die Stände primär mit Steuerfragen beschäftigt, ihre Zustimmung erleichterte die Eintreibung von Finanzmitteln erheblich. Die flandrischen Leden, Regional- und Städtevertretung, besaßen ähnliche Rechte. Grundsätzlich betrieb Philipp die Reorganisation der Verwaltung nach französischem Vorbild. Die Institutionen wurden innerhalb der einzelnen Landesteile zentralisiert. Die Rechtsprechung sollte nach und nach angeglichen werden, wobei aber in den Niederlanden die Vorrechte der großen Städte nicht grundsätzlich eingeschränkt werden konnten. In beiden Gebietskomplexen sollten die Finanz- und die politische Verwaltung zudem nochmals in eigenen Räten zentralisiert werden, wogegen sich langfristig Ablehnung artikulierte. Der »Gesamtstaat« repräsentierte sich zuerst in der herzoglichen Hofhaltung, die sich wie Philipp meistens in Paris befand. Problemlos konnte Johann Ohnefurcht 1404 das Erbe seines Vaters übernehmen. Seine beiden jüngeren Brüder wurden mit Johanns Oberherrschaft unterstehenden Grafschaften ausgestattet. In großen Zügen führte er die politischen Vorgaben seines Vaters fort, kam aber den Bewohnern Flanderns, deren Sprache er beherrschte, entgegen und residierte häufiger in den Stammlanden. Schon die Zeitgenossen bewunderten die Prachtentfaltung seines Hofes, die sich besonders bei großen Festen und Turnieren zeigte.

Kampf um die Macht

Der Erwerb Flanderns führte bei der französischen Krone zu Überlegungen, von Sluis aus mit einem französischen Heer in England zu landen. Die Flotte stand 1386 bereit, als der König das Unternehmen abbrach. 1388 konnte sich Karl VI., der zunächst noch unmündige Sohn Karls V., aus der Vormundschaft befreien; er berief die Ratgeber seines Vaters zurück, die sich umfangreichen Reformvorhaben zuwandten. Eine seit 1392 auftretende Geisteskrankheit, die letztlich zur Regierungsunfähigkeit führte, machte jedoch die Hoffnungen in seine Herrschaft zunichte. Mit England wurden seit 1389 längere Waffenstillstandsperioden vereinbart. Der englische König Richard II. heiratete 1396 Isabella, die Tochter Karls VI. Ein echter Ausgleich kam jedoch nicht zustande. Die Politik der französischen Krone wurde geprägt vor allem durch den zwischen Phi- lipp II., dem Kühnen, und Johann Ohnefurcht einerseits und Louis I. von Orléans, dem Bruder Karls VI., andererseits ausgetragenen Konflikt. Dabei ging es vorrangig darum, die Mittel und Möglichkeiten der Krone zum eigenen Interesse einzusetzen.

Louis I. konnte den Tod Philipps des Kühnen nutzen, um zunächst an die Spitze des Hofes zu gelangen; beide Seiten ließen Truppen aufmarschieren, um ihre Ansprüche zu untermauern. Zunächst schnitt der Friedensschluss Johann von den Finanzmitteln der Krone ab; die von ihm angestiftete Ermordung Louis' 1407 spaltete Frankreich in zwei als Armagnacs und Bourguignons bezeichnete Lager. Johann verließ Paris, konnte aber bereits im folgenden Jahr zurückkehren. Er ließ die Ermordung Louis' von Orléans durch den Universitätstheologen Jean Petit als Tyrannenmord rechtfertigen und sich selbst als Verteidiger des Königs und Garant von Reformen darstellen. Die Gegenpartei formierte sich unter Charles d'Orléans und besonders dessen Schwiegervater, Graf Bernhard VII. von Armagnac. Trotz der zwischenzeitlich günstigen Position verlor Johann 1413 seine Stellung in Paris.
Heinrich V. von England war bestrebt, von den innerfranzösischen Konflikten zu profitieren. Er wollte die ehemaligen englischen Festlandsbesitzungen zurückerobern, wobei das Reich der Plantagenets des 12. Jahrhunderts wohl die Zielvorgabe war. Burgund verhielt sich de facto neutral. Nach der Landung der englischen Armee 1415 zeigte die Schlacht von Agincourt (heute Azincourt) das aus dem vergangenen Jahrhundert gewohnte Bild, die Taktik bei den französischen Erfolgen schien vergessen: Die englischen Bogenschützen verhinderten jegliche Entfaltung der durch starke Regenfälle ohnehin beeinträchtigten Ritter, die anschließend von der englischen Kavallerie überrollt wurden. Nur wenige Hochadlige blieben verschont, falls sie hohe Lösegelder versprachen. Charles d'Orléans, dessen Familie die erforderlichen Mittel nicht aufbrachte, musste immerhin 25 Jahre in England verbringen. Auch wenn Heinrich V. noch im gleichen Jahr nach Hause zurückkehrte, war die Grundlage für die Eroberung der Normandie gelegt, die zwei Jahre später planmäßig aufgenommen wurde. Auf englischer Seite traten an die Stelle der Reiterzüge, die sich auf Plünderungen und Verwüstungen konzentriert hatten, Heere mit dem Ziel der Unterwerfung Frankreichs. Die französische Politik bestimmte nun Bernhard VII. von Armagnac. Doch parallel zum englischen Vormarsch in der Normandie führte Bernhards Gegenspieler Johann Ohnefurcht ein Heer gegen Paris. Die Flucht der Mutter des Königs an den burgundischen Hof stärkte seine Position zusätzlich. 1418 etablierten sich die Burgunder wieder in der Hauptstadt. Der Dauphin Karl betrieb von Bourges aus die Wiederherstellung seiner Macht. Ein Vermittlungsversuch Johann und Karl trafen sich mit je zehn Begleitern in einem eigens errichteten Raum auf der Brücke bei Montereau endete mit der Ermordung des burgundischen Herzogs im Beisein und wohl mit Zustimmung Karls. Frankreich war de facto dreigeteilt.
Sicherlich erkannte Philipp III., der Gute, von Burgund 1420 im Vertrag von Troyes Heinrich V. von England nicht nur aus Rache für die Ermordung seines Vaters Johann Ohnefurcht als französischen Regenten an; diese Konstellation versprach endlich Frieden, und Heinrich garantierte die Integrität Frankreichs. Dieser sollte mit einer Tochter Karls VI. verheiratet werden und nach dessen Tod sein Erbe als französischer König übernehmen. Allerdings hatte man den Widerstand vor allem in Mittel- und Südfrankreich unterschätzt, wo der Dauphin weiterhin die Regierungsgeschäfte wahrnehmen konnte. Nach dem Tod Heinrichs V. und Karls VI. erhoben nun sowohl der Herzog von Bedford als Statthalter und Onkel zugunsten des erst zweijährigen Königs Heinrich VI. von England wie auch Karl VII., der Sohn König Karls VI., Anspruch auf den französischen Thron. Das englisch-burgundische Verhältnis verschlechterte sich rasch, da John Plantagenet, Herzog von Bedford, die Sonderstellung Burgunds nicht zu akzeptieren bereit war. Weitere Expansionsbemühungen John Plantagenets scheiterten vor Orléans. Die Belagerung der Stadt konnte ein Heer unter Jeanne d'Arc beenden, wobei der psychologische Erfolg sicherlich um einiges höher einzuschätzen ist als der konkrete militärische Sieg. Die Königsweihe Karls VII. 1429 in Reims symbolisierte dessen neu gewonnene Position, während die Krönung Heinrichs VI. in Paris in Abwesenheit des Adels vorgenommen wurde.

Französische Gegenstöße und das Ende des Krieges

Streitigkeiten innerhalb des Beraterkreises um Karl VII., die erst 1433 endeten, behinderten zunächst ein gezieltes Vorgehen. Schließlich brachte nach langen Verhandlungen der Vertrag von Arras eine entscheidende Wendung des Kräfteverhältnisses: Philipp der Gute von Burgund, der seinen Herrschaftsbereich gegen Widerstände König Siegmunds bis 1433 um Holland-Seeland, Namur und Brabant erweitert hatte, und Karl VII. schlossen 1435 Frieden. Das Herzogtum wurde unabhängig, auch wenn die Nachfolger Philipps wieder den Lehnseid leisten sollten. Damit war für Karl der Weg zur Herrschaft über Paris wieder frei, der hier umfangreiche Amnestieversprechen verkündete, um neuerlichen Konflikten vorzubeugen und um den politischen Ausgleich zu fördern. Mit der Pragmatischen Sanktion von Bourges festigte das französische Königtum seine Stellung gegenüber der Papstkirche. Neben ersten Erfolgen bei der Rückeroberung der englischen Besitzungen modernisierte die Regierung die Verwaltung und das Finanzwesen. 1439 billigten die Stände dem König eine Dauersteuer zum Aufbau eines stehenden Heeres zu, wie auch das gesamte Heerwesen reformiert und die Artillerie verstärkt wurde. Karl VII. konnte sich von den Ständen lösen, die eigene Machtstellung sichern, während die damit verbundene Schwächung der Feudalmächte zu letztlich erfolglosen Aufständen mächtiger Adliger führte wie der Praguerie von 1440. Die Erfolge des französischen Heeres im Südwesten zwangen England zu neuen Verhandlungen. Für einen Friedensschluss waren die Positionen aber weiterhin zu unterschiedlich, sodass 1444 nochmals einer der vielen Waffenstillstände vereinbart und bis 1449 mehrfach verlängert wurde.
Bereits 1434 war in der Normandie ein Aufstand ausgebrochen, der zeigte, dass die englische Position auch hier nicht unangefochten war. Im Sommer 1449 begann ein rascher, erfolgreicher französischer Heereszug in die Normandie; 1450 umfasste das Herrschaftsgebiet des französischen Königs wieder ganz Nordfrankreich mit Ausnahme von Calais. Dagegen blieb in der Guyenne die Akzeptanz der englischen Herrschaft ungebrochen, zumal gerade Bordeaux durch den Weinhandel eng mit England verbunden war. Dennoch führte auch hier der 1452 begonnene Feldzug schnell zu Erfolgen; die Steuerforderungen schufen in Bordeaux allerdings sofort eine Oppositionsstellung. Zwar konnten im Herbst englische Truppen nochmals in die Stadt einziehen, sie wurden aber im folgenden Frühjahr bei Castillon geschlagen. Bordeaux verlor nach der Kapitulation seine Freiheiten.

Die Erfolge in der Normandie und der Guyenne beendeten de facto den Hundertjährigen Krieg, auch wenn kein förmlicher Frieden mehr geschlossen werden sollte; die englischen Expeditionsheere von 1475 und 1492 blieben Episode. Im Inneren konnte die französische Monarchie ihre Herrschaft weiter ausbauen. Die regionalen Herrschaften hingegen, die lange ohne die Hilfe der Zentralmacht hatten auskommen müssen, versuchten ihre Eigenständigkeit zumindest teilweise zu behaupten. Gestärkt wurde die Durchsetzungsfähigkeit der Krone durch die englischen Rosenkriege, welche die Invasionsgefahr bannten. Karl VII. zog die Dauphiné nach der Flucht seines Sohnes Ludwig zu Philipp dem Guten von Burgund, der ihn auch 1461 in Reims krönte, zum Krongut. Dieser Ludwig XI., persönlich umstritten, geriet nach der Thronbesteigung in Konflikt mit dem mächtigen Adel, der sich zur Ligue du Bien Public zusammenschloss und sich den Zentralisierungstendenzen entgegenstellte, da auch alte Vorrechte, wie besonders die eigene Steuerfreiheit, bedroht waren. Militärisch endete die Auseinandersetzung unentschieden, allerdings verlor Ludwig den Zugriff auf Nordfrankreich, konnte aber seine Stellung in den folgenden Jahren durch diplomatische Einzelverhandlungen wieder stärken, zumal seine Gegner keine homogene Gruppe bildeten.

Das Ende des burgundischen Reiches

In Burgund folgte 1467 Karl der Kühne seinem Vater, der ihn nach Zerwürfnissen zuvor erst seit 1464/65 stärker an der Politik beteiligt hatte. Karl versuchte, seine Territorien weiter zu vereinheitlichen. So sollten nur noch zwei Parlamente zuständig sein, Territorial- und Stadtrechte zurückgedrängt werden. Bereits unter seinem Vater war der grand conseil zur zentralen Justiz- und Beratungsinstanz des Herzogs geworden. Der Ausbau Brüssels zur Residenz unter Philipp dem Guten anstelle des zunächst favorisierten Dijon seit 1455 hatte eine Ursache in den politischen Spannungen innerhalb der Niederlande, die eine erhöhte Präsenz des Herzogs ratsam erscheinen ließen. Karls Ziel dürfte die endgültige Souveränität Burgunds gewesen sein; er verweigerte dem französischen König die Huldigung und löste seine von Frankreich und vom Heiligen Römischen Reich verliehenen Lehen aus der jeweiligen Oberherrschaft; die Gründung eigener Parlamente in Mecheln und Beaune verdeutlichten die Ansprüche. Jedoch erlangte Karl nicht die angestrebte Königskrönung. Die Ordonnanzkompanien, Ansätze eines stehenden Heeres aus überwiegend italienischen Söldnern, konnten nur über Steuern und Kredite finanziert werden, sodass sich an dieser Stelle den Ständen Einflussmöglichkeiten eröffneten.
Zusätzlich hatten die übermächtige Stellung Karls als Herzog und seine in Krisensituationen errungenen Autonomierechte seit 1470 den Konflikt mit dem französischen König Ludwig XI. verschärft, der ihm die französischen Lehen aberkannte. Die sich anschließenden, aber nicht energisch geführten Kämpfe gefährdeten den Bestand Burgunds jedoch nicht. Verhandlungen mit dem englischen König brachten keine greifbaren Erfolge, und die Grenzen der militärischen Macht Burgunds zeigte bereits die erfolglose Belagerung von Neuss 1474/75. Auch die Verwaltung des ehemals habsburgischen Pfandbesitzes im Oberelsass durch den burgundischen Rat und Hofmeister Peter von Hagenbach führte nach dem Zusammenschluss der oberrheinischen Städte und Gegner Karls zum Aufstand. Angesichts der Bedrohung durch Burgund fanden selbst die Eidgenossenschaft und die Habsburger einen Ausgleich. Der Aufstand verlief erfolgreich, Peter von Hagenbach wurde hingerichtet, die Expansion Burgunds kam vorerst zum Stillstand. Mit der Eroberung Lothringens René II. von Lothringen hatte die vertraglich zugesicherte Durchzugsgarantie widerrufen konnte 1475 die Landbrücke zwischen beiden Gebietskomplexen, den pays de la delà (Burgund) und den pays de par deçà (Niederlande), geschlossen werden. Nun gerieten jedoch die Feldzüge gegen die Eidgenossenschaft 1476 bei Grandson und Murten zum Fiasko. Das immer noch beträchtliche burgundische Aufgebot verlor auch beim Versuch der Rückeroberung von Nancy die Schlacht. Der dort gefallene Karl der Kühne wurde von René II. von Lothringen in Nancy beigesetzt. Das burgundische Erbe ging zum größeren Teil an die Habsburger, doch auch der französische König konnte deutliche Territorialgewinne verbuchen.
Ludwig XI. nutzte die gewonnene Stellung, um das Herzogtum Anjou nach dem Aussterben des gleichnamigen Hauses sowie die Grafschaften Maine und Mortain in die Krondomäne einzubeziehen, an die auch die rechtlich weiterhin zum Imperium gehörende Provence fiel. Die Städtepolitik zielte auf eine Stärkung der ökonomischen Möglichkeiten der fest in den Staat integrierten Kommunen, während beispielsweise das Verbot, wertvolle Metalle auszuführen, die Wirtschaft hemmte. Nochmals stärkte die Regentschaftsregierung für Karl VIII. nach dem Tod Ludwigs die Position der Stände, die aber sozial und regional zersplittert waren. Mit dem Versprechen einer deutlichen Steuersenkung konnte ihr Widerstand beseitigt werden. Sieger der langen Auseinandersetzungen mit England und den rivalisierenden großen Fürsten- bzw. Herzogtümern blieb letztlich die Krone, die trotz Rückschlägen den Verdichtungsprozess vorantrieb und die eigene Stellung autonomer gestalten konnte. Die Bevölkerung wird für die Mitte des 15. Jahrhunderts auf etwa zehn Millionen geschätzt und war damit gegenüber dem ersten Drittel des vorigen Jahrhunderts um gut 30 Prozent zurückgegangen; dazu hatte neben dem in ganz Westeuropa zu beobachtenden demographischen Einbruch sicherlich der Hundertjährige Krieg seinen Teil beigetragen, wenn wohl auch weniger direkt als durch seine Auswirkungen, wie beispielsweise die reduzierte Lebensmittelproduktion. Eine nationale Komponente dürfte wohl erst im 15. Jahrhundert relevant geworden sein, deutlich nach Beendigung der innerfranzösischen Konflikte zwischen den Armagnacs und Bourguignons durch den Vertrag von Arras. Begonnen hatte dagegen der Konflikt als typisch dynastische Auseinandersetzung.
Autor:Robert Morten
Datum:Freitag, 3.August.2001, 09:50
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