| | Titel: | Weisheiten von THOMAS VON KEMPEN | | Datum: | 27.12.00 | | Text: | Auszüge:
Achte stets auf die himmlischen Güter, und du wirst sehen, daß alle die zeitlichen Dinge nichts sind, vielmehr höchst ungewiß und sehr bedrückend, denn niemals können sie ohne Sorge und Furcht besessen werden.
Aus Liebe zu Gott lerne deinen Eigenwillen brechen und dem göttlichen Willen gehorchen, wodurch du von aller Trübsal befreit werden wirst.
Bereite dich darauf vor, in diesem Leben viel Widerwärtigkeiten erfahren zu müssen. Wenn du es einmal so weit gebracht haben wirst, daß dir die Trübsal süß schmeckt, dann wisse, daß es mit dir gut steht, weil du das Paradies auf Erden gefunden hast.
Bedenke, wie weit du noch von der wahren Liebe und Demut entfernt bist, welche keinem Wesen zürnt und böse sein kann.
Die Eigenliebe ist die Ursache aller Übel und muß von Grund aus vertilgt werden, wenn uns daran gelegen ist, daß wahrer Friede und dauernde Ruhe in unsere Seele einziehe.
Du bist gekommen um zu dienen und nicht um zu herrschen. Wisse, daß du berufen bist, zu dulden und dich zu mühen, und nicht, müßig zu gehen und zu schwätzen.
Wer seine Hoffnungen in die Menschen oder in irgend ein Geschöpf setzt, der betrügt sich selbst.
Sehr wirst du innerlich verlieren, wenn du etwas Zeitliches hochschätzest.
Dem Demütigen enthüllt Gott seine Geheimnisse und zieht ihn sanft an sich und ladet ihn ein.
Ein friedfertiger Mensch nützt mehr als ein hochgelehrter.
Tut das, wozu ihr berufen seid, und Gott wird euch dabei helfen.
Es ist für uns gut, wenn wir zuweilen in große Schwierigkeiten geraten, denn dadurch wird der Mensch wieder daran erinnert, daß er in der Fremde ist und seine Hoffnung auf nichts in dieser Welt setzen soll.
Es ziehen die Begierden der Sinnlichkeit den Menschen auf Schlenderwege. Wenn aber die Stunde vorüber ist, was hat er für einen Gewinn davon außer ein schweres Gewissen und ein zerstreutes Herz?
Freue dich nicht, außer wenn du etwas Gutes getan hast.
Halte zuerst dich in Frieden, dann wirst du andere befrieden können.
Jeder Mensch soll sorgsam sein gegenüber seinen Versuchungen und wachsam in Gebeten, auf daß nicht der Teufel, der niemals schläft, die Stelle findet, wo er ihn überliste.
Je mehr ein Mensch eins mit sich selbst und innerlich zur Ruhe gekommen ist, um so tiefere Einsicht gewinnt er in das Wesen aller Dinge, weil er das Licht der Erkenntnis von oben empfängt.
Im Schweigen und in der Ruhe nimmt die andächtige Seele zu und erlernt den tieferen Sinn der geheimen Lehren.
Kurz ist der Ruhm, der von Menschen gegeben und empfangen wird.
Wenn du nichts anderes suchst und erstrebst, als das Gott Wohlgefällige und dem Menschen, dem Nächsten Förderliche, dann wirst du innere Freiheit genießen.
Lege keinen so großen Wert darauf, ob dieser Mensch für dich oder jener gegen dich sei, sondern sorge dafür, daß du alles, was du tust, im Namen Gottes vollbringst.
Lerne das Äußere gering schätzen und dich ganz dem Innerlichen hingeben, so wirst du fühlen, wie das Reich Gottes in dich einkehrt. Denn das Reich Gottes, welches den Gottlosen nicht gegeben wird, ist Friede und Freude im Heiligen Geist. Christus wird in dich einziehen und dich stärken und trösten, wenn du in deinem Innern eine würdige Wohnung bereitet hast.
Lerne zu schweigen und zu dulden, dann wirst du Gottes Hilfe empfinden.
Meide alles unnötige Reden, gehe nicht müßig umher und jage nicht nach allen Neuigkeiten und Tagesgesprächen. Dann findest du gewiß Zeit genug, um gute und heilsame Betrachtungen anzustellen.
Sei nicht eitel wegen deiner Gestalt, noch auf die Vorzüge und Schönheit deines Körpers. Eine leichte Krankheit kann das alles zerstören.
Sei nie ganz müßig, sondern lies oder schreibe etwas, oder bete, oder betrachte, oder arbeite etwas zum allgemeinen Nutzen.
Wenn du darauf achtest, was du bei dir im Innern bist, wirst du nicht sorgen, was die Leute über dich reden.
Was bist du betrübt, weil dir nicht glückt, was du willst und ersehnst? Wer hat denn alles nach seinem Willen? Nicht ich, nicht du, nicht irgend ein Mensch auf Erden.
Wer danach strebt, zum Innerlichen und Geistigen zu kommen, der muß mit Christus (in sich) der Menge entfliehen.
Es ist eine gute Vorsicht, wenn man nicht alles glaubt, was die Leute erzählen, und das was man sagen hört, nicht weitererzählt.
Nur der ist wahrhaft groß, der in der wahren Demut gefestigt und von der göttlichen Liebe ganz durchdrungen ist, der Gott über alles schätzt und dem es lieber ist, von anderen verachtet, als geehrt zu werden.
Das ist die höchste Weisheit, sein Herz zu Gott zu erheben und, nach Überwindung aller Eitelkeiten der Welt, ein göttliches Leben zu führen.
Sei gern still und einsam. Suche dir eine passende Zeit aus, in der du ganz allein bist und dich mit dir selber beschäftigen kannst.
Wer wahren und ewigen Ruhm ersehnt, kümmert sich nicht um den zeitlichen.
Du sollst in allem Denken und Tun dich so verhalten, als müßtest du heute noch sterben.
Trachte, jetzt so zu leben, daß du in der Stunde des Todes dich eher freuen, als fürchten könntest.
Wenn jene letzte Stunde kommt, wirst du beginnen, gar anders über dein ganzes vergangenes Leben zu denken, und sehr wirst du beklagen, daß du so saumselig und träge gewesen bist.
THOMAS VON KEMPEN. Deutscher Mystiker, 1380 – 1471; mit 19 Jahren trat er in das Kloster Agnetenberg ein, wurde später Subprior. Ausgezeichnet durch Frömmigkeit und Gemütstiefe, Menschenkenntnis und praktische Lebensweisheit, wirkte er segensreich als Seelsorger. Seine „Nachfolge Christi“ hat den Ruhm seines Namens über die ganze Erde verbreitet. Es wurde in die verschiedensten Sprachen übersetzt und ist in Hunderten von Auflagen erschienen. Der grosse Anklang, den dieses Buch in allen Schichten der Bevölkerung fand und noch findet, kann nur dadurch erklärt werden, daß es den Menschen religiöse Wahrheiten zum Bewußtsein bringt, die sie in dem Inneren ihres Herzens empfinden.
| | Stichwort: | Weisheiten |
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