| Titel: | Mit solidarischen Grüßen | Datum: | 4.5.01, 16:50 | artikel: | SPD trennt sich von Brüning Die Partei, die die Solidarität zu ihren Grundwerten zählt, hat am Mittwoch im Rat gezeigt, wie so etwas in der Praxis aussieht. Der seit dem 1. März verreiste stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Brüning wurde seiner Partei- und Ratsposten enthoben und auch als Vorsitzender des Ausschusses für Paten- und Partnerschaften abgelöst. Die nächste Sitzung dieses Ausschusses wird am 7. November stattfinden; der Rat tagt erst wieder am 4. Juli. Da in allen Ausschüssen Ratsmitglieder durch ihren Fraktionskollegen vertreten werden können, hätte die SPD noch bis Anfang Juli Zeit gehabt, auf die Rückkehr Martin Brünings zu warten. Stattdessen hat sie ihn nun auch politisch "aufgegeben". Und wieder war es der SPD-Fraktionsvorsitzende Scholz gewesen, der über die Lokalpresse sein Definitionsmonopol in Sachen "Brüning" durchsetzte. Als dienstälteste "Brüning-Witwe" präsentierte er neue "Fakten". Dass diese den früheren Erklärungen des SPD-Fraktionschefs widersprachen, fiel nur aufmerksamen Lesern auf. Am 17.3. hatte Scholz u.a. über die "Westdeutsche Zeitung" von seiner "Gewissheit" berichtet, dass sein "Stellvertreter sich die kalifornische Sonne auf den Pelz brennen lässt (...)." Brüning habe während einer Fraktionssitzung im Februar den 1. März als ersten und den 31. Dezember 2001 als letzten Urlaubstag eingetragen.
Am 4. April war in der Pressekonferenz der SPD dann offenbar nicht mehr von Scholzens "Gewissheit" die Rede. Fünf Wochen nach Brünings Verschwinden berichtete Scholz von "mehreren Spuren, die Brüning hinterlassen hat." (NRZ, 5.4.01) Merkwürdig, dass Polizei und sozialdemokratische Brüning-Witwen diese Spuren erst jetzt entdeckt haben wollen! - Brünings Auto wurde am Amsterdamer Flughafen "Schiphol" entdeckt. Es war, wie sich herausgestellt hat, tatsächlich am Karnevalssonntag von der Polizei in Köln abgeschleppt worden. Was hatte SPD-Fraktionschef Scholz am 15.3.01 laut "WZ" als seine Wahrheit verkündet? "Die Erklärung, dass er vor dem Rosenmontagszug in Köln abgeschleppt wurde, entspricht nach Recherchen des Fraktionsvorsitzenden nicht den Tatsachen." Das müssen ja ganz tolle Recherchen gewesen sein! Sie reichten aus, um Martin Brünings Wahrheitsliebe anzuzweifeln. Denn seit der jüngsten SPD-Pressekonferenz ist es "sicher, dass er den Wagen am Nachmittag des Aschermittwoch, am 28. Februar, in der Pkw-Aufbewahrungsstelle in Köln-Ossendorf abgeholt hatte (...)." (WZ, 5.4.01)
Dass die SPD vor der Osterpause einen Nachfolger für ihren stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt hat, mag in der Tat mit interner Aufgabenverteilung zu tun gehabt haben. Dass sie Brüning aber auch den Vorsitz im Paten- und Partnerschaftsausschuss genommen hat, ohne dass dieser den Vorsitz oder sein Ratsmandat niedergelegt hätte, ist mit dringendem Handlungsbedarf nicht zu begründen. Termine stehen nicht an, die Stellvertretung in den Ausschüssen ist jederzeit möglich. (Laut Gemeindeordnung kann eine Fraktion erst dann ein Ratsmitglied zum Nachfolger eines Ausschussvorsitzenden bestimmen, wenn dieser während der Wahlzeit ausgeschieden ist. - Brüning hat sein Ratsmandat jedoch nicht niedergelegt.)
Die Eile, mit der die SPD-Fraktionsführung ihre Version(en) der Wahrheit verkündete, bildete ganz offensichtlich das Bühnenbild, vor dem die Brüning-Witwen ihre öffentliche Trauerarbeit leisteten. Brünings Abreise hat eine ganze Menge "Kriegsgewinnler" auf den Plan gerufen. Wer gestern noch im WDR-Fernsehen vor Betroffenheit zitterte, der darf den Verschollenen jetzt politisch beerben. Und der letzte Akt dieses rheinischen Bau(herren)-Theaters wird gerade geprobt: Brünings verliert sein Ratsmandat. In der Lokalpresse wurde bereits ein erstes Licht angezündet: "Die Stadtverwaltung kann ihn erst abberufen, wenn sein Lebensmittelpunkt nicht mehr in Hilden ist, seine Eltern also seine Wohnung gekündigt haben." (NRZ, 5.4.01) Die Eltern Brünings sollen offenbar mit sanftem Druck, solidarischen Ratschlägen oder juristischen Darlegungen dazu gebracht werden, die Wohnung eines Volljährigen, der gegenwärtig im Ausland weilt, zu kündigen. Mit welcher Vollmacht sollte so etwas denn möglich sein? Das wäre ja ein tolles Ding: Eltern gehen zum Meldeamt und melden einen Volljährigen einfach ab! Und wäre so etwas möglich, dann müsste jedes Ratsmitglied vor einer längeren Urlaubsreise besorgt sein, seine Eltern könnten seine Wohnung kündigen. Mit den bekannten Folgen. Nicht jeder kann ein Denecke sein...
Ein Blick in das Kommunalwahlgesetz genügt, um festzustellen, dass nicht die Stadtverwaltung, sondern Rat darüber entscheidet, ob ein Vertreter (Ratsmitglied) seinen Sitz verloren hat, weil die Voraussetzungen seiner Wählbarkeit weggefallen sind... Die SPD wird im Rat Gelegenheit bekommen, Solidarität mit Martin Brüning zu demonstrieren.
| suchwort: | Brüning | INFO: | SPD trennt sich von Brüning |
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