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Interpret:Depeche Mode
Titel:Exciter
Datum:2001
Stil:Pop
Qualität:8
rezensiert:Ja
Rezension:Das zweite Album ist immer das Schwerste. Sechs Jahre sind vergangen, seit Alan Wilder die Band äußerlich zum Trio schrumpfte und innerlich, so die weit reichende Annahme, zerstörte. Doch wie der Verlust des Soundtüftlers klingt, erfuhren wir 1997 mit "Ultra", einem ruhigen Werk, dessen Beurteilung von der allgemeinen Freude über die Band-Rückkehr getragen wurde. Der Zweitling entscheidet bei Newcomern über Leben und Tod, im Falle Depeche Modes kämpfen Stillstand versus Weiterentwicklung. In jedem Fall verhalten sich die Fans seit langem "very excited".

Trotz "Dream On". Klar, der catchy Refrain führte zum Single-Release, aber insgeheim wusste man doch, dass Martin Gore das besser kann. Richtig. Nicht nur schrieb er Sänger Gahan einige echte Song-Perlen auf den Kehlkopf, gerade jener liefert auf "Exciter" seine beeindruckendste Performance ab. Die kantigen Gitarren à la "Barrel Of A Gun" tauschte Producer Mark Bell gegen detailreiche Elektronik aus, was mitunter an selige "Violator"-Zeiten erinnert. Gerade Bell, der dank LFO-Mitgliedsausweis und Warp-Label-Präsenz als Klangdesigner schlechthin gilt, packte die Band anscheinend so richtig am Kragen, was bei alten Millionarios wohl nötig sein muss.

Heraus kam ein sehr intensives Album, dessen leicht verschrobene Songs man sich im Single-Format nur schwer vorstellen kann. "Shine" blubbert experimentierfreudig zu neuen Ufern und in "The Sweetest Condition" faucht und keift Gahan über eine getragene bluesy Slide-Gitarre, beides Vorzeigestücke Bell'scher Einflussnahme. Besonders die neu gewonnene Freude an soundspielerischen Gimmicks begeistert.

Mit welch einfachen Mitteln Atmosphäre erzeugt werden kann, zeigt "When The Body Speaks", eine leise Gitarren-Ballade, die zum Finale hin mit Streicherarrangements veredelt wird. Gores Lyrics befassen sich bekanntermaßen mit den schwierigen Momenten zwischenmenschlicher Beziehungen, die er selten in allzu abstrakte Wortgebilde kleidet. Auf "Exciter" spannt er diese Kunst der Einfachheit weiter; so heißt der beste Song des Albums tatsächlich "Freelove", ohne auch nur ansatzweise kitschig zu wirken. Die Zeile "If you've been hiding from love - I can understand where you're coming from" und die sehr minimale Umsetzung der Gänsehaut-Nummer sind echte Aufreger. Und: "When you're born a lover - you're born to suffer" ("Goodnight Lovers").

Wie es Gahan geschafft hat, eine für Gore vorgesehene Ballade für seine Stimme zu gewinnen, bleibt sein Geheimnis. Das genannte "Goodnight Lovers" im Gospel-Style ist jedenfalls das Beispiel für Gahans Arbeit an seinem stimmlichen Input. Gore steht seinem Kollegen in nichts nach; im elegischen "Breathe" wimmert er zum Ende mit ergreifendem Pathos. "I Am You" beschwört trotz Massive Attack nahen Beats vom Klanggerüst her die Wilder Years herauf. Allein die Dancebeats in "I Feel Loved" und die markerschütternden Killersounds im Refrain wirken penetrant, wenn nicht überproduziert. Die dunkle Krone des Albums gebührt dem unruhig zappelnden Kopfnickerrocker "The Dead Of Night", der ähnlich wie "Closer" von Nine Inch Nails auch unbeugsamste Manson-Fans auf die Tanzfläche locken könnte.

Es sieht gut aus für die Zukunft von Depeche Mode. "Exciter" ist der Schritt nach vorne. Falls dies der Anfang eines neuen Depeche Mode-Jahrzehnts ist, könnte Mark Bell der neue Gareth Jones werden. Jener Mann trieb die Jungs in den 80ern vom Mischpult aus in die großen Erfolge. Er kam erst zum dritten Album.

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