Greif, ein Fabeltier von symbolhafter Bedeutung als Herrscher über zwei Lebensbereiche – die Erde (durch seinen Löwenleib) und die Luft (durch Kopf und Schwingen des Adlers).
Typologische Vorstufen sind im alten Orient zu finden, und zwar in assyrischen Mischwesen, k'rub genannt, wovon das hebräische Cherub (Engelsklasse) abgeleitet ist. Die häufige Darstellung von greifartigen Wesen in der persischen Kunst machte sie für die Juden zu Symboltieren Altpersiens.
In Griechenland symbolisierte der Greif wachsame Stärke, wurde als Reittier Apollos bezeichnet und bewachte das Gold der Hyperboräer im fernen Norden. Ebenso war er Verkörperung der Rachegöttin Nemesis und drehte ihr Schicksalsrad.
In der Legende symbolisiert der Greif die Superbia (den Hochmut), weil Alexander d. Gr. versucht haben soll, auf fliegenden Greifen bis zu den Grenzen des Himmels vorzustoßen. Zunächst auch als seelenfangender Satan dargestellt, wurde der Greif später – nach Dante – Symbol der beiden Naturen (der göttlichen und der menschlichen) Jesu Christi, und zwar wegen seiner Beherrschung von Erde und Luft.
Auch die Sonnensymbolik beider Tiere verstärkte diese positive Sinngebung. Dadurch wurde der Greif auch zum Bekämpfer von Schlangen und Basilisken, die als Verkörperungen teuflischer Dämonen galten. Selbst die Himmelfahrt Christi wurde symbolisch mit dem Greif verbunden.
Im Kunstgewerbe (auf Textilien, in Goldschmiedearbeiten usw.) wurden Greife ebenso häufig dargestellt wie in der Heraldik. Dort deutet Böckler (1688) den Greif so: »Die Greiffen werden gebildet mit einem Löwen-Leib, Adlers-Kopff, langen Ohren und Adlers-Klauen, zu bedeuten, daß man die Klugheit und Stärcke vereinbaren müsse.«