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Regionale Informationen aus dem Landkreis Leer

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Titel:»Bankiers stehen nicht Schlange«
Gemeinde/Stadt: 
URL:www.rheiderland.de
Datum:Montag, 12.3.2001
Text:Private Autobahnfinanzierung bleibt die Ausnahme - »Emsland ist ein Sonderfall«

Meppen/Ostfriesland (dpa/lni). Wer im Emsland zurzeit nicht spendet, der gilt nichts.

Schüler tun es, ganze Belegschaften machen die Lohntüten auf, Privatleute zücken die Geldbörse, Firmenchefs zeigen sich großzügig: Doch bei der groß angelegten Good-Will-Aktion geht es nicht um Erdbebenopfer oder die Hilfe für Hungernde in der Dritten Welt - ein Stück Autobahn ist der Grund für die Spendenfreudigkeit. Mit einer bundesweit bisher einmaligen Aktion hat sich das Emsland zusammen mit seinen Nachbarn an der Finanzierung des Lückenschlusses der A 31 zwischen Geeste im Emsland und Ochtrup in Nordrhein-Westfalen beteiligt.

105 Millionen Mark brachten vor allem Kommunen und Wirtschaft auf, um den ursprünglich für das Jahr 2013 geplanten Baubeginn auf vermutlich Mai dieses Jahres vorziehen zu können. Nach einem halben Jahr öffentlichen Trommelwirbels ist das Geld beinahe beisammen, am 19. März sollen die Verträge unterzeichnet werden. Sogar die ostfriesischen Reeder machten sich mit 77 000 Mark für die Straße stark.

Die Aktion, vom emsländischen Oberkreisdirektor Hermann Bröring (CDU) 1999 aus der Taufe gehoben und von Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) im parteiübergreifenden Schulterschluss maßgeblich politisch unterstützt, ist einmalig in Deutschland - und wird es voraussichtlich auch bleiben. In den Vorstandsetagen der Wirtschaftsbetriebe hält sich die Begeisterung zur Finanzierung eigentlich staatlicher Aufgaben in engen Grenzen. «Es ist nicht so, dass die Bankiers mit ihren Schatullen Schlange stehen», sagt ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums.

Hans-Jürgen Falkenberg von der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland behält in Erinnerung, dass sich die Überzeugungstäter von der Kammer bei ihren Mitgliedsbetrieben «ein Bein ausreißen und harte Knochenarbeit leisten» mussten. 50 Mark und 30 Minuten Zeit spare ein Fuhrunternehmer pro Fahrt auf der neuen Autobahn. Trotzdem: Bei der IHK im angrenzenden Münsterland haben die Verkehrsexperten schon vorbeugend die Hände gehoben. «Das Emsland ist ein Sonderfall», heißt es dort.

Aber sogar bei der Regierung, wo die zusätzlichen Gelder im bodenlosen Fass Straßenbau prinzipiell willkommen sind, ist das Thema «noch nicht ausdiskutiert». Die staatlichen Stellen sehen die Gefahr, dass «reiche Regionen» sich ihr Verkehrsnetz aus eigener Kraft vor die Haustüre stellen. Weniger zahlungskräftige Teile Deutschlands blieben dann buchstäblich auf der Strecke. Zudem bleibt eines bei aller privater und kommunaler Initiative beim Alten: Der Bund zahlt den Löwenanteil und muss früher zahlen. «Bei einem einzigen Projekt ist das nicht das Problem. Kommen viele auf einmal, kann es eng werden», schätzt der Referent für Straßenbau in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen beim Bundesverkehrsministerium, Ulfert Joop.

420 Millionen Mark wird das rund 34 Kilometer lange Teilstück der vom ostfriesischen Emden nach Oberhausen im Ruhrgebiet führenden Autobahn insgesamt kosten. Für den Bund stand der Ausbau angesichts drückender Verkehrsprobleme etwa in den neuen Bundesländern nicht an oberster Stelle auf der Prioritätenliste. 1999 nahmen die Emsländer und Ostfriesen ihre Geschicke selbst in die Hand. Die Kreise Emsland und Grafschaft Bentheim gaben Geld, die Nachbarn aus den Niederlanden bezahlten und die Wirtschaft erklärte sich zur Mitfinanzierung von insgesamt 21,5 Millionen Mark bereit. Dank der UMTS-Millionen in der Staatskasse reduzierte sich ihr Beitrag auf 16,3 Millionen.

Die Volkswagen AG gab allein eine Million, ein Papierhersteller zahlte 750 000 Mark, die Preussag AG 500 000 Mark. Das Land Niedersachsen beteiligt sich mit 120 Millionen Mark. Unzählige Autofahrer, die ihre Solidarität mit dem Kauf von Vignetten zum Stückpreis von zehn Mark zum Ausdruck brachten, können zwischen dem Emsland und dem Ruhrgebiet nun vermutlich schon vom Herbst 2005 an lückenlos pendeln.
Autor:Rheiderland Zeitung

Redaktion - LeerOnline


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